Juni 2025 - Der Sandregenpfeifer

Iso 400 | 600mm | f6.3 | 1/1600 Sek.


(Hinweis: Bilder können angeklickt werden, um sie in voller Auflösung anzuzeigen)
Draußen war es noch dunkel, als mich mein Handywecker um 5 Uhr morgens aus dem Schlaf riss. Müde schaute ich aufs Display und öffnete die Wetterapp - keine Wolken, kein Regen und nur leichter Wind. Gute Bedingungen also für eine Fotosession am Strand. Ich kämpfte mich aus dem Bett und zog Jacke, Regenhose und Schuhe an. Während ich eine Banane und einen Müsliriegel zum Frühstück aß, checkte ich schnell noch einmal den Akku meiner Kamera und schon ging es mit dem Fahrrad los in Richtung Strand. Inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt. Wer die besten Chancen auf gute Vogelbeobachtungen haben will, der sollte bereits vor Sonnenaufgang an dem gewünschten Ort sein. Denn pünktlich zur Morgendämmerung erwacht der Großteil der Natur wieder zum Leben und wird aktiv. So auch die Wattvögel am Strand, mein Zielobjekt. Es war bereits Ende August und ich befand mich auf einem viertägigen Kurzurlaub an der Nordsee, genauer gesagt im südlichen Festland von Nordfriesland. Am Strand angekommen, verriet mir ein hellblauer Schein am Horizont, dass die Sonne bald aufgehen würde, also beeilte ich mich und huschte am menschenleeren Strand über den Sand. Zuerst war nur das sanfte, entfernte Rauschen der Wellen zu hören, doch mit jeder Minute wurden der Strand belebter. Die ersten Wattvogeltrupps hatten sich bereits auf die Futtersuche begeben und liefen weg, sobald ich ihnen zu Nahe kam. Es dauerte etwa 10 Minuten, bis ich meinen Spot zum fotografieren erreichte. Auf der einen Seite befand sich ein Vogelschutzgebiet und auf der Anderen war der nächste Zugang zum Strand einige hundert Meter Fußweg entfernt- die Vögel (und ich) waren hier also ungestört. Ich legte mich in den feuchten Sand, wartete regungslos und genoss die ersten Sonnenstrahlen des Tages auf meinem Gesicht.

Fußabdrücke mehrerer Sandregenpfeifer am Strand


Etwas anderes blieb mir auch nicht übrig. Würde ich am Strand herumlaufen und mich zu Fuß den futtersuchenden oder rastenden Vögeln nähern wollen, würden diese nur wegfliegen sobald ich in ihre Nähe käme. Das wiederum würde die Tiere Energie kosten, welche die Wattvögel so dringend auf ihrer Reise in Richtung Süden brauchen. Denn Ende August handelt es sich bei den meisten Vögeln an unserer Küste um Zugvögel aus dem Norden, die an unseren Stränden rasten und Energiereserven für die Weiterreise sammeln. Intensiver Strandtourismus und zu wenige Rückzugsorte machen dieses Unterfangen allerdings schwer. Deswegen lag ich flach auf dem Bauch, um meine körperliche Präsenz zu verkleinern und hoffte, dass die Vögel mich nicht bemerkten oder in mir zumindest keine größere Gefahr sahen und sich so näher an mich heran trauten. Die Sonne war inzwischen seit etwa 1 1/2 Stunden aufgegangen, das Licht würde also bald zu hart zum fotografieren werden, als ich schräg hinter mir eine Gruppe von etwa 10 Sandregenpfeifern entdeckte, die sich von einem größeren Trupp entfernt hatten und im Watt nach Nahrung suchend immer mehr in meine Richtung kamen. "Bloß keine schnellen Bewegungen" dachte ich mir und drehte mich langsam auf den Rücken und stütze Kamera und Objektiv auf meinem Bauch ab. Die kleinen Regenpfeifer schienen sich an mir nicht zu stören und so konnte ich sie eine ganze Weile dabei beobachten und fotografieren, wie sie flink über den Strand flitzten und jeden halben Meter plötzlich abstoppten, um nach Nahrung zu stochern. Dabei waren sie auch untereinander sehr kommunikativ und aus etwa 10 Metern Entfernung konnte ihrem weichen "tüü ih" wunderbar lauschen. Nach etwa einer halben Stunde kam der erste menschliche Strandbesucher in unsere Nähe, so dass der Vogeltrupp davonflog. Also packte auch ich meine Sachen und machte mich auf den Heimweg.


Der Sandregenpfeifer - Tippelnde Panzerknacker

Grafikquelle: NABU Deutschland


Typisch für den Sandregenpfeifer sind die schwarz-braunen Kopf- und Brustmarkierungen, die an eine Gesichtsmaske mit Schal oder Halsband erinnern, weswegen er auch in Teilen als "Halsbandregenpfeifer" bezeichnet wird. Auf dem Bild ist der Vogel bereits in sein Schlichtkleid gewechselt, die Farben sind also nicht mehr so intensiv, so dass er besser vor Feinden getarnt ist. Im Prachtkleid, das die meisten Vögel zur Balz- und Brutzeit tragen, sind zudem der orangene Schnabel mit schwarzer Spitze und die orange-leuchtenden Beine besonders auffällig. In den Spätsommermonaten sind die Sandregenpfeifer an deutschen Stränden am zahlreichsten und somit am besten zu beobachten, da zu dieser Zeit die Populationen aus dem Norden Nord- und Ostseestrände als Rastplätze aufsuchen, um sich auf die Weiterreise nach Westafrika vorzubereiten.

Als Brutvogel ist der Sandregenpfeifer so stark wie kaum ein anderer Wattvogel von dem Lebensraumverlust durch die touristische Nutzung von Stränden und Küstenschutzmaßnahmen betroffen und konnte keine Sekundärbiotope erobern, weshalb er in Deutschland vom Aussterben bedroht ist. Auch sein Brutverhalten wird ihm zum Verhängnis... Als Bodenbrüter baut der amselgroße Regenpfeifer kein Nest sondern legt diese in eine kleine Mulde im Sand- oft auf Freiflächen, wo sie leicht von Menschen zertreten werden können. Nähert sich Menschen, versuchen die Altvögel diese zu "verleiten", indem sie theatralisch einen Flügelbruch vortäuschen und kläglich flatternd den Feind vom Nest wegzulocken versuchen. Trotzdem kosten menschliche Störungen jedes Jahr vielen Jungen das Leben. Wer also in der Brutzeit (Frühling bis Hochsommer) Sandregenpfeifer bemerkt, sollte sich sofort zurückziehen, um keine Eier und Küken zu zertreten. Die adulten Vögel erreichen eine Größe bis etwa 19cm und zu seiner Nahrung zählen vor allem Insekten, Krebse, Würmer, Schnecken und Larven, die er im Watt findet.

Sandregenpfeifer im noch (fast) vollständigen Prachtkleid

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.